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Für erfolgreichen Klimaschutz ist eine Wende, weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern, notwendig. Dabei spielt die Produktion von Wasserstoff eine sehr große Rolle für zukünftige Energiesysteme.
Die notwendigen Infrastrukturen und Geschäftsmodelle für die Wasserstoffwirtschaft werden derzeit konzipiert und entwickelt. Diese Prozesse werden von der Europäischen Union industriepolitisch, durch entsprechende Koordination und einem angepassten energiewirtschaftlichen Ordnungsrahmen, stark unterstützt (vgl. Groll 2021 S. 16).
Für eine CO₂-freie Energiewirtschaft ist Wasserstoff ein wichtiger Energieträger. Um den weiteren starken Ausbau der erneuerbaren Energien zu unterstützen, ist es als leistungsfähiges Energiespeichermedium bestens geeignet und unerlässlich. Zur Erfüllung der technischen und klimapolitischen Ziele durch den Einsatz von erneuerbaren Primärenergieträgern werden vor allem Wasserstoff und Brennstoffzellen gebraucht.
In mobilen und stationären Anwendungen hat die Phase der Markteinführung schon angefangen. Die erneuerbare Energieversorgung der Zukunft ist somit stark mit der Entwicklung einer CO₂-freien Wasserstoffwirtschaft verknüpft. Aus diesem Grund sollte Wasserstoff in allen gesetzlichen Regelungen und Verordnungen der Energiewirtschaft gleichrangig mit den erneuerbaren Primärenergien behandelt werden (vgl. Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V 2015 S. 46).
Wasserstoff ist ein chemisches Element mit dem Symbol H und der Ordnungszahl 1. Es steht am Anfang des Periodensystems und setzt sich aus einem positiv geladenen Atomkern und einem negativ geladenen Elektron zusammen. Atomarer Wasserstoff (H) kommt unter Normalbedingungen, das heißt Umgebungstemperatur und atmosphärischer Druck von 1,013 bar, nicht vor. Stattdessen ist Wasserstoff auf der Erde als farb- und geruchloses Gas in molekularer Form (H₂) vorzufinden (vgl. Groll 2021 S. 6).
Molekularer Wasserstoff (H₂) ist nicht toxisch und verursacht keine Umweltschäden – ist also insofern umweltneutral. Außerdem kommt Wasserstoff in der Regel nur in gebundener Form vor, weshalb es für die chemische oder energetische Nutzung gezielt hergestellt werden muss, hierbei sind verschiedene Verfahren möglich.
Der überwiegende Teil der heutigen globalen Wasserstoffproduktion erfolgt aus fossilen Energieträgern, nur ein kleiner Anteil wird mittels Elektrolyse produziert. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die Wasserstofferzeugung aus Elektrolyse deutlich zunimmt, wenn vermehrt Strom aus erneuerbaren Energien zur Verfügung steht (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 8-11).
In der Abbildung wird das Prinzip der Elektrolyse dargestellt. Dabei wird Wasser mithilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Der Elektrolyseur besteht aus einer Gleichstromquelle sowie zwei mit Edelmetallen beschichteten Elektroden, die von einem Elektrolyten getrennt werden (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 14).
Zwischen der Kathode, dem Minuspol und der Anode, dem Pluspol, befindet sich ein Diaphragma – das ist meist eine Membran, die ausschließlich bestimmte Ionen leitet und verhindert, dass sich die gebildeten Gase vermischen. Dabei werden die Elektroden und die Membran in einen Elektrolyten, ein Wasser-Laugen-Gemisch, das ionenleitend ist, eingetaucht (vgl. Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V 2015 S. 14).
Bei der Elektrolyse wird Wasser unter Zuführung von elektrischer Energie elektrochemisch in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten:
2 H₂O + 2 e– → H₂ + 2 OH–
2 OH– → H₂O + ½ O2 + 2e–
Die für die Erzeugung einer Wasserstoffmenge eingesetzte Strommenge bestimmt den Wirkungsgrad der Elektrolyse. Je nach Verfahren liegen die Wirkungsgrade von Wasser-Elektrolyseuren bei 60 bis 80 Prozent.
Aktuelle Forschungsschwerpunkte zu Elektrolyseuren umfassen die Erhöhung des Wirkungsgrades im Gesamtsystem sowie der Lebensdauer, der Leistungsdichte und Stackgröße. Die Reduktion der Kosten, insbesondere die der Materialkosten, sowie die Bereitstellung von druckbetriebenen Systemen, um die anschließende Kompression des erzeugten Wasserstoffs zu sparen, sind weitere Zielsetzungen, nicht zuletzt die Entwicklung von dynamischen Systemen mit schnellen Wechseln der Leistung.
Dabei hängt die wirtschaftliche Attraktivität der Wasserstoffherstellung durch Elektrolyse von den Strompreisen ab. Bei den heutigen Energiepreisen ist die Elektrolyse im Vergleich zur Wasserstoffherstellung mittels Dampfreformierung kostenintensiver. Letztendlich ist günstiger Strom – vorwiegend Strom aus erneuerbaren Energiequellen – notwendig, um Wasserstoff per Elektrolyse zu produzieren.
Wird dagegen Strom aus einem Erdgaskraftwerk für die Elektrolyse verwendet, ist die sinkende Effizienz der gesamten Prozesskette zu beachten. Denn bei der Umwandlung von Erdgas über Strom zu Wasserstoff fallen höhere Verluste an als bei der direkten Umwandlung von Erdgas zu Wasserstoff (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 15f.).
Die verschiedenen Herstellungswege werden mittels einer ,,Farbenlehre“ voneinander abgegrenzt (vgl. Umweltbundesamt 2022). Grüner Wasserstoff wird ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt, dies erfolgt auf Basis von Elektrolyseanlagen. Im Grunde handelt es sich dabei um eine erprobte Technologie, für die jedoch noch erhebliche technologische Verbesserungen und Kostensenkungen erwartet werden (vgl. Matthes et al. 2020 S. 3).
Für ein vollständig erneuerbares Stromsystem wird Wasserstoff, der in Elektrolyseuren mit Strom aus dem allgemeinen Stromnetz hergestellt wird, insbesondere bei politischen Debatten, auch bereits heute als grüner Wasserstoff bezeichnet. Jedoch wäre er wissenschaftlich betrachtet noch dem grauen Wasserstoff zuzuordnen. Dieser wird aus fossilen Energieträgern, durch das derzeit in der Industrie eingesetzte Verfahren „Reforming“ hergestellt (vgl. Umweltbundesamt 2022).
Blauer Wasserstoff wird über die Dampfreformierung von Kohlenwasserstoffen erzeugt. Die Abscheidung sowie der Abtransport und die Ablagerung des anfallenden Kohlendioxids (CO₂) werden dabei nachgeschaltet. Somit handelt es sich um großindustriell erprobte und vergleichsweise kostengünstig verfügbare Technologien (vgl. Matthes et al. 2020 S. 3).
Aus wissenschaftlicher Sicht ist blauer Wasserstoff kein tragfähiger und nachhaltiger Energieträger, jedoch argumentieren einige Fachleute, dass blauer Wasserstoff als Übergangslösung gebraucht werde, bis es genügend grünen Wasserstoff gäbe. Dabei sei ein Investitions-Zeitfenster zu nutzen und in neu gebauten Anlagen Anwendungen mit Wasserstoff zu erproben. Wenn dann genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehe, könnte von blau auf grün umgestellt werden. Somit sei blauer Wasserstoff für die Erprobung und Markteinführung eine pragmatische Lösung. Jedoch sind andere Fachleute skeptisch und befürchten einen ,,Lock-in-Effekt”. So könnte der Übergang zu grünem Wasserstoff versperrt und stattdessen weiter mit klimaschädlichem Erdgas gewirtschaftet werden (vgl. Groll 2021 S. 12).
Türkiser Wasserstoff basiert ebenfalls auf Erdgas. Dieser wird jedoch über die Pyrolyse von Kohlenwasserstoffen erzeugt. Als Endprodukte entstehen hier Wasserstoff und fester Kohlenstoff. Dabei handelt es sich um eine bisher noch nicht im großindustriellen Maßstab eingesetzte Technologie, die bei entsprechender Erprobung und Skalierung jedoch geringe Kostenniveaus erwarten lässt (vgl. Matthes et al. 2020 S. 3).
Pinker Wasserstoff hingegen wird ähnlich wie grüner Wasserstoff elektrolytisch hergestellt. Dabei stammt der dafür notwendige Strom aus Kernenergie. Aus Sicht des Umweltbundesamtes ist pinker Wasserstoff aufgrund der hohen Umweltrisiken, den möglichen hohen Schäden bei einem Unfall und der Endlagerproblematik kein Bestandteil einer nachhaltigen Entwicklung (vgl. Umweltbundesamt 2022).
,,Sofern für blauen Wasserstoff Erdgas verwendet wird, werden die mit der Förderung und dem Transport von Erdgas immanent verbundenen Treibhausgasemissionen (CH₄ und CO₂) weiter in die Atmosphäre ausgestoßen. Diese Emissionen können nur vermieden werden, wenn auf Erdgas an sich verzichtet wird. Für einen vollständigen CO₂ -neutralen Wasserstoff wäre außerdem eine vollständige Abscheidung des CO₂ aus dem Abgas nach dem Erdgas-Reforming erforderlich. Dies ist technisch jedoch nicht zu
100 % möglich.“ (Umweltbundesamt 2022)
Wasserstoff kann mit unterschiedlichen technischen Verfahren hergestellt werden. Heute ist der für die Wasserstoffherstellung wichtigste Primärenergieträger mit einem Anteil von 70 Prozent Erdgas, als Sekundärenergie folgen Öl, Kohle und Strom. Im Jahr 2021 lag der Anteil an der globalen Wasserstoffproduktion von strombasierter Elektrolyse bei 5 Prozent. Die Bedeutung von erneuerbaren Energien bei der Wasserstoffherstellung hat deutlich zugenommen. Dabei werden in der Elektrolyse aus erneuerbarem Strom große Zukunftspotenziale gesehen. Per Elektrolyse aus erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff weist die geringsten Treibhausgasemissionen auf. Am kostengünstigsten ist jedoch die zentrale Erdgasreformierung. Für die Erreichung der Klimaziele ist dennoch die Elektrolyse über erneuerbaren Strom das zentrale Schlüsselelement (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 16-20).
Allgemein gilt für die Wärmeversorgung des Gebäudebestandes, das sehr hohe Energieeffizienzpotential möglichst schnell zu heben und die Energienachfrage zu senken. Technisch gesehen kann Wasserstoff für das Heizen von Gebäuden in Brennstoffzellen oder auch Heizkesseln eingesetzt werden. Es gibt jedoch ausreichend brennstofffreie Alternativen aus erneuerbaren Energien wie Solarthermie (Solaranlagen), Geothermie (Erdwärme) und Umweltwärme, die wesentlich mehr fossile Brennstoffe als Wasserstoff ersetzen und zudem auch energieeffizienter und kostengünstiger sind (vgl. Umweltbundesamt 2022).
Im Bereich der industriellen Produktion kann es durch die Umstellung auf erneuerbare Energien gelingen, energiebedingte Treibhausgasemissionen vollständig zu vermeiden. Dabei müssen für den Klimaschutz Industrieprozesse vollständig auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden. Außerdem muss auch ein Großteil der industriellen Anlageparks auf treibhausgasarme Produktionsverfahren umgebaut und weiterentwickelt werden, um auch die rohstoff- und prozessbedingten Treibhausgasemissionen möglichst weitgehend zu mindern.
Für den effizienten Einsatz von Energie und natürlichen Ressourcen muss erneuerbarer Strom überall, wo es technisch möglich ist, direkt angeboten und genutzt werden. Dabei haben die chemische Industrie und die Stahlherstellung oberste Priorität. Trotz technologischen Fortschrittes werden in weiteren einzelnen Prozessen jedoch Brennstoffe benötigt (vgl. Umweltbundesamt 2022).
In Bezug auf Nachhaltigkeit und Sparsamkeit wird die Nutzung von Wasserstoff die Energiewirtschaft grundsätzlich verändern. Der Einsatz von Wasserstoff ist nachhaltig, weil im Wesentlichen erneuerbare Energiequellen genutzt werden. Sparsamkeit im Umgang mit Energie ergibt sich einerseits daraus, dass Strom im großen Stile als Wasserstoff gespeichert und nur im Bedarfsfall in Strom zurückgewandelt werden kann. Andererseits müssten Anlagen zur Gewinnung grüner Energie im Überangebotsfall nicht abgeschaltet werden. Die Speicherung von Strom wird also zum zentralen Punkt und zum verbindenden Element zwischen den einzelnen Bereichen der Energieversorgung (vgl. Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V. 2015, S. 35).
Wasserstoff muss aufgrund seiner geringen volumetrischen Energiedichte zwecks Speicherung und Transport verdichtet werden. Die wichtigste kommerzielle Speichermethode ist die Speicherung von Wasserstoff als Druckgas. Um eine höhere Speicherdichte zu erzielen, kann Wasserstoff auch verflüssigt werden. Darüber hinaus kann Wasserstoff in großen Mengen auch über längere Zeiträume gespeichert werden (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 20).
Heute erfolgt der Transport von Wasserstoff meist per Lkw in Gasdruckbehältern, teilweise auch in kryogenen Flüssigtanks. Zudem gibt es für ausgewählte Standorte lokale bzw. regionale H₂-Pipelinenetze. Für den Transport über größere Entfernungen eignet sich flüssiger Wasserstoff sehr gut, gasförmiger Druckwasserstoff hingegen über kürzere Entfernungen in kleineren Mengen, während Pipelines für große Volumina und kurze Distanzen vorteilhaft sind (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 28).
Die für die Zukunft der Energie- und Mobilitätswirtschaft wichtigste Kombination besteht aus dem Energiewandler Brennstoffzelle und dem Energieträger Wasserstoff. Im folgenden Abschnitt werden die wichtigsten technischen Grundlagen für den Einsatz von Brennstoffzellen und Wasserstoff im Mobilitätssektor untersucht. Im Vordergrund des Interesses steht dabei der Stand der Technologieentwicklung.
Molekularer Wasserstoff (H₂) kann bei der direkten Nutzung von Verkehrsmitteln unmittelbar, das heißt ohne weitere Umwandlung, als Energiequelle genutzt werden. Dabei kann es zum einen in Verbrennungskraftmaschinen, zum anderen in Brennstoffzellen eingesetzt werden. Bei der indirekten Nutzung wird Wasserstoff für die Herstellung von Endenergieträgern genutzt bzw. durch weitere Konversionsschritte in gasförmige oder flüssige Kraftstoffe mit Wasserstoffanteilen umgewandelt (vgl. Fischedick et al. 2017 S. 38f).
Jedoch ist die direkte Nutzung von erneuerbarem Strom in batterie-elektrischen Fahrzeugen deutlich energieeffizienter, kostengünstiger und klimafreundlicher als die Nutzung von Wasserstoff. Wasserstoff ist im Straßenverkehr sogar die volkswirtschaftlich teuerste Option aller alternativen Antriebe und Kraftstoffe. Deswegen sollte Wasserstoff in mobilen Anwendungen, nur in Bereichen eingesetzt werden, in denen eine direkte Nutzung von erneuerbarem Strom nicht möglich ist. Alternativ zur direkten Wasserstoffnutzung könnten in diesen Bereichen auch Kohlenwasserstoffe oder Ammoniak genutzt werden, zu deren Herstellung wiederum Wasserstoff als Ausgangsstoff eingesetzt wird (vgl. Umweltbundesamt 2022).
Erneuerbarer Wasserstoff dient als Schlüsselelement der Energiewende. Er kann in der Industrie und Mobilität eingesetzt werden und somit zur Dekarbonisierung einen wichtigen Beitrag leisten. Außerdem kann Wasserstoff aufgrund seiner chemischen Eigenschaften als Energiespeicher genutzt werden. So kann die saisonale Ökostrom-Überproduktion in erneuerbaren Wasserstoff umgewandelt und langfristig in entsprechende Gasspeicher nach Bedarf eingelagert und entnommen werden. Grüner Wasserstoff nimmt durch die steigende erneuerbare Stromproduktion eine bedeutende Rolle bei der Erreichung der Klimaziele zu.
Die Expert:innen des Klimaschutzministeriums haben in den vergangenen Monaten in Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium und externen Fachleuten eine Wasserstoffstrategie für Österreich erarbeitet. Diese wurde am 2. Juni 2022 veröffentlicht und basiert grundsätzlich auf fünf zentralen Säulen. Neben konkreten Ausbauzielen und Leitlinien zur Wasserstoffverwendung wurden auch Absichtserklärungen zum Wasserstoffimport bzw. Kooperationen festgelegt (vgl. Bundesministerium für Klimaschutz 2022).
Laut der österreichischen Wasserstoffstrategie sind die Klimaziele nur mit klimaneutralen Wasserstoff zu erreichen. Dabei umfasst klimaneutraler Wasserstoff laut dem Dokument neben erneuerbarem Wasserstoff auch Wasserstoff, der aus Erdgas mittels vollständiger CO₂-Abscheidung („blauer Wasserstoff“) oder mittels Pyrolyse („türkiser Wasserstoff“) hergestellt wird (vgl. Bundesministerium für Klimaschutz 2022).
In diesem Sinne bedeutet Klimaneutralität, dass ein Gleichgewicht zwischen den Treibhausgasemissionen und der Aufnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre hergestellt wird. Es bedeutet aber nicht, dass auf diesem Weg gar keine Treibhausgasemissionen mehr ausgestoßen werden. CO₂-Vermeidung sollte absolute Priorität haben, da das Kompensationspotenzial von natürlichen Senken wie Böden, Moore oder Wälder und künstlichen Versenkungstechnologien wie der CO₂-Abscheidung aus der Luft oder Abgasen nicht gesichert ist (vgl. Groll 2021 S. 8).
Somit kommt dem vorerst genannten Prozess der Elektrolyse eine besondere Bedeutung zu. Laut der Bundesregierung stellt eine Rückführung in das Stromsystem eine Option zur saisonalen Verlagerung der erneuerbaren Energieproduktion dar. Die Integration von Elektrolyseanlagen soll durch die Bereitstellung von netzdienlichen Systemdienstleistungen einen ausgleichenden Beitrag im Stromsystem leisten.
Jedoch sei der reine Betriebseinsatz von Elektrolyseuren bei punktuellen Produktionsspitzen auf absehbare Zeit nicht als wirtschaftlich realisierbares Betriebsmodell zu betrachten, insbesondere im Hinblick auf die zukünftig hohen Bedarfsmengen an erneuerbarem Wasserstoff. Das Ziel sei, fossiles Erdgas durch grünen Wasserstoff zu ersetzen und dabei den Bedarf von russischem Erdgas zu verringern (vgl. Gruber 2022).
In der Strategie genannte konkrete Ausbauziele umfassen folgende Punkte:
Des Weiteren geht man bis 2040 von einem Wasserstoffbedarf zwischen 67-75 Terawattstunden aus. Jedoch können von diesem nur 16-25 Terawattstunde ausschließlich mit Wasserstoff gedeckt werden. Laut der Strategie könnte der Rest an Energiebedarf mit Methan gedeckt werden. Der Ausbaupfad nach 2030 bleibt unklar (vgl. Bundesministerium für Klimaschutz 2022).
Aufgrund der hohen Herstellungskosten und dem relativ niedrigen Wirkungsgrad der Verbrauchsprozesse soll Wasserstoff laut dem Strategieplan nur gezielt eingesetzt werden. Dabei haben die chemische Industrie, die Stahlherstellung, der Flugverkehr und der Schiffsverkehr oberste Priorität.
In Hochtemperaturprozessen, im Fernverkehr und bei Reisebussen soll Wasserstoff erst nachrangig eingesetzt werden. Bei Niedertemperaturprozessen, Pkws und Zuliefer-LKWs sowie in der Raumwärme wird der Einsatz von Wasserstoff noch ausgeschlossen (vgl. Gruber 2022).
"Die Europäische Kommission und auch die meisten EU-Länder verfügen bereits seit langem über Wasserstoffstrategien. Endlich ist Österreich nachgezogen. Das ist ein wichtiger, erster Schritt, denn Wasserstoff ist ein zentraler Baustein für die Dekarbonisierung, insbesondere in schwer zu dekarbonisierenden Bereichen wie der Industrie oder dem Schwerverkehr. Jetzt geht es darum, die Verzögerung aufzuholen und bei der Umsetzung Tempo zu machen“, betont Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ) (WKÖ 2022).
Eine Beimischung von Wasserstoff in das Gasnetz angesichts des Bedarfs an reinem Wasserstoff ist laut dem Strategieplan nicht zielführend. Dennoch kann in manchen Fällen auf das bestehende Leitungsnetz für Erdgas zurückgegriffen werden. Dieses Netz muss jedoch geprüft und wenn notwendig entsprechend umgebaut und redimensioniert werden. Das Ziel ist, Leitungen, durch die heute noch Erdgas fließt, künftig zu reinen Wasserstoffleitungen umzuwandeln (vgl. Bundesministerium für Klimaschutz 2022).
Der österreichische Bedarf nach Wasserstoff übersteigt das Produktionspotential. Daher fordert der Strategieplan einen Teil des Wasserstoffes von Drittländern zu importieren. Zudem sollten auf Ebene des Staates internationale Partnerschaften aufgebaut werden, um heimischen Unternehmen Planungssicherheit zu gewährleisten (vgl. Bundesministerium für Klimaschutz 2022).
Ein weiterer zentraler Punkt der österreichischen Wasserstoffstrategie ist die Förderung der Technologien und Produkte im Bereich Wasserstoff. Insgesamt werden dafür 125 Millionen Euro über die IPCEI (Important Projects of Common European Interest) aus dem Programm der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) bis 2026 zur Verfügung gestellt (vgl. Bundesministerium für Klimaschutz 2022). Es werden folgende Projekte unterstützt:
Die AVL List GmBh beschäftigt sich mit der Entwicklung des weltweit ersten Hochtemperaturelektrolyseurs auf Basis metallgestützter Zellen, um erneuerbaren Wasserstoff mit deutlich höherem Wirkungsgrad kosteneffizienter herstellen zu können, als es mit derzeit verfügbaren Technologien möglich ist. Mit der Integration dieses Systems in verschiedenste Industriezweige leistet das Projekt einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energie- und Industriesystems.
Plastic Omnium New Energies Wels arbeitet an einem Projekt, dass Wasserstoff-Brennstoffzellensystem für schwere Nutzfahrzeuganwendungen (Lkw, Bus, etc.) als serienfähiges Produkt und den dafür notwendigen Produktionsprozess entwickelt. Dabei sollen die Innovationen bei Komponenten, im Prozess und in der Betriebsstrategie der Brennstoffzelle den Wirkungsgrad, die Lebensdauer und die Umweltfreundlichkeit im Lebenszyklus steigern.
Bosch fertigt Einspritzausrüstungen für Großmotoren in Österreich an. Die Anwendungsfelder umfassen die Schifffahrt, dezentrale Energieerzeugung, Lokomotiven- und Industrieanwendungen. Das Ziel ist, die Unabhängigkeit des Großmotorensektors von fossilen Energieträgern maßgeblich voranzutreiben.
Der weltweit erste Hochtemperaturelektrolyseur aus Basis metallgestützter Zellen wird von Christof Industries industrialisiert. Somit kann erneuerbarer Wasserstoff deutlich kosteneffizienter und mit höherem Wirkungsgrad hergestellt werden. Dabei leistet das Projekt einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energie- und Industriesystems. (vgl. die Redaktion 2022).
„Wir brauchen einen innovativen und nachhaltigen Standort, der auf die Technologien der Zukunft setzt. Wasserstoff ist ein vielseitiger Energieträger, der Chancen für die nachhaltige Transformation der energieintensiven Industrie bietet. Daher haben wir heute die Wasserstoffstrategie für Österreich vorgelegt. Mit dem Ausbau der Wasserstoffwirtschaft ermöglichen wir nachhaltiges Wachstum und stärken den Technologiestandort Österreich. Die Dekarbonisierung und Ökologisierung hat auch Effekte am Arbeitsmarkt. Die Diversifizierung der Energieversorgung eröffnet neue Beschäftigungsfelder am Arbeitsmarkt und birgt ein hohes Beschäftigungspotential für sehr gute Jobs der Zukunft“, meint Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (Bundesministerium für Klimaschutz 2022).
Wasserstoff als Energieträger und Brennstoffzellen als Energiewandler können einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Wasserstofferzeugungs- und Anwendungstechnologien haben in den vergangenen Jahren signifikante Fortschritte gemacht. Allerdings stehen Wasserstoff und Brennstoffzellen noch am Anfang eines breiten kommerziellen Einsatzes im globalen Energiesystem. Deswegen bedürfen sie vonseiten des Staates und der Gesellschaft noch weitere Unterstützung und Förderung.
Die österreichische Wasserstoffstrategie sieht vor 80 Prozent des fossilen Wasserstoffs bis 2030 durch grünen Wasserstoff zu ersetzen. Die Strategie basiert sowohl auf der Eigenerzeugung als auch auf dem Import dessen. Dabei werden von heimischen Unternehmen zur Umsetzung der Ausbauziele in Zusammenarbeit mit dem Klimaschutzministerium bereits aktive Schritte gesetzt.
Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (2022): Klimaneutraler Wasserstoff – die österreichische Wasserstoffstrategie, bundesministeriumklimaschutz, [online] https://www.bmk.gv.at/service/presse/gewessler/20220602_wasserstoffstrategie.html [zugegriffen am: 02.08.2022].
Deutscher Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband e.V. (2015): Wasserstoff der neue Energieträger, Oberkrämer, Deutschland: Hydrogeit Verlag. (https://www.dwv-info.de/wp-content/uploads/2015/06/Wasserstoff_Lehmann.pdf)
die Redaktion (2022): EU gibt grünes Licht für milliardenschwere Wasserstoff-Förderung – diese Projekte aus Österreich profitieren, brutkasten, [online] EU gibt grünes Licht für milliardenschwere Wasserstoff-Förderung – diese Projekte aus Österreich profitieren [zugegriffen am: 31.07.2022].
Groll, Stefanie (2021): 15 Fakten über Wasserstoff, Berlin, Deutschland: Heinrich-Böll-Stiftung e.V. (https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Fakten-Wasserstoff_V01_kommentierbar.pdf)
Gruber, Micha (2022): Wasserstoffstrategie für Österreich, wienenergie, [online] Wasserstoffstrategie Österreich » Regierung stellt 4 Säulen vor (wienenergie.at) [zugegriffen am: 31.07.2022].
Matthes, Felix Christian/Christoph Heinemann/Tilman Hesse/Peter Kasten/Roman Mendelevitch/Dominik Seebach/Christof Timpe (2020): Wasserstoff sowie wasserstoffbasierte Energieträger und Rohstoffe - Eine Überblicksuntersuchung, Freiburg, Deutschland: Institut für angewandte Ökologie.
(https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/Wasserstoff-und-wasserstoffbasierte-Brennstoffe.pdf)
Fischedick, Manfred/Jörg Adolf/Christoph H. Balzer/Jurgen Louis/Uwe Schabla/Karin Arnold/Andreas Pastowski/Dietmar Schwürer (2017): Shell Wasserstoff-Studie: Energie der Zukunft? Nachhaltige Mobilität durch Brennstoffzelle und H2, Hamburg, Deutschland: Shell Deutschland Oil.
(https://epub.wupperinst.org/frontdoor/deliver/index/docId/6647/file/6647_Wasserstoff-Studie.pdf)
Umweltbundesamt (2022): Wasserstoff – Schlüssel im künftigen Energiesystem, Dessau-Roßlau, [online] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimaschutz-energiepolitik-in-deutschland/wasserstoff-schluessel-im-kuenftigen-energiesystem#herstellung [zugegriffen am: 19.07.2022].
WKÖ (2022): Wasserstoffstrategie ist wichtiger erster Schritt, wkonews, [online] WKÖ-Spitze: Wasserstoffstrategie ist wichtiger erster Schritt - news.wko.at [zugegriffen am: 01.08.2022].
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